ASML-Aktie unterbricht Erholung: Aufträge enttäuschen, Zoll-Unsicherheit belastet

Die Kursreaktion auf die Quartalszahlen von ASML zeigt, wie angespannt die Lage ist. Die Aktie notierte am Mittwoch kurz vor Handelsschluss 6 Prozent im Minus. Eine enttäuschende Auftragslage trifft auf geopolitische Unsicherheit. Und das in einer Phase, in der die Aktie ohnehin stark angeschlagen ist.

Zölle gefährden Wachstumsziele

Die aktuellen Zahlen und Aussagen von ASML spiegeln ein gemischtes Bild wider. Zwar steigen die Aufträge im Jahresvergleich, bleiben jedoch hinter den Erwartungen zurück.

Gemeldet wurden 3,94 Milliarden Euro, erwartet wurden 4,82 Milliarden Euro. Dennoch ergibt sich ein Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum, in dem 3,6 Milliarden US-Dollar erreicht wurden. Die Umsatzprognose für 2025 liegt zwischen 30 und 35 Milliarden Euro. Das obere Ende dürfte nur erreichbar sein, wenn die starke Nachfrage im Bereich Künstliche Intelligenz anhält.

Die Wachstumsrisiken nehmen zu. Kritische Stimmen zur weiteren Entwicklung der KI-Nachfrage mehren sich und mehrere Chiphersteller haben zuletzt mit enttäuschenden Ausblicken für Verunsicherung gesorgt. Der CEO warnt vor den Auswirkungen von Zöllen. Diese schaffen zusätzliche Unsicherheit für die gesamte Chipindustrie.

Eine Produktionsverlagerung in die USA ist derzeit nicht geplant. ASML hat aktuell keine Absicht, seine Fertigungskapazitäten in den USA auszubauen. Sollte die 90-tägige Aussetzung der Zölle auslaufen, könnte das Unternehmen die volle Belastung durch neue Handelsbarrieren zu spüren bekommen.

Technologischer Wettlauf

Der Handelskrieg zwischen den USA und China geht weit über Handelsdefizite hinaus. Es handelt sich um einen strategischen Wettlauf um technologische Vorherrschaft. Im Zentrum steht die Halbleiterindustrie, die aufgrund ihrer hohen Komplexität, globalen Abhängigkeiten und enormen Investitionskosten nur schwer politisch steuerbar ist. 

Chips sind allgegenwärtig, doch ihre Herstellung – insbesondere bei modernen KI-Chips – ist äußerst anspruchsvoll und nur schwer nachzuahmen. Länder wie Taiwan, Südkorea und Japan haben Jahrzehnte gebraucht, um ihre Fertigungsprozesse zu perfektionieren.

Trumps Ziel, Arbeitsplätze in die USA zurückzuholen und die Abhängigkeit von China zu verringern, erfordert deutlich mehr als den Bau neuer Fabriken. Die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften, hohe Produktionskosten und die Sicherstellung gleichbleibender Produktqualität stellen für die USA große Herausforderungen dar.

Strafzölle erhöhen zwar den politischen Druck, sind aber keine Garantie dafür, dass Trumps industriepolitische Pläne aufgehen. Neue Zölle könnten US-Hersteller von Halbleiterausrüstung jährlich mehr als eine Milliarde US-Dollar kosten, ein potenzieller Wettbewerbsnachteil im globalen Vergleich.

Mittelfristiger Abwärtstrend intakt

Die ASML-Aktie hat in dieser Woche ihre kurzfristige Erholung unterbrochen. In der Vorwoche war der Kurs am 78,6-Prozent-Retracement der vor drei Jahren begonnenen Aufwärtsbewegung abgeprallt. Die Verluste gegenüber dem Rekordhoch belaufen sich aktuell auf 44 Prozent.

Trotz der deutlichen Kursrückgänge ist die Aktie noch nicht überverkauft. Der RSI hat sich knapp oberhalb der 30er-Marke stabilisiert. Der jüngste Kursanstieg ist bislang lediglich als Aufwärtskorrektur zu werten, da die mittelfristige Trendstruktur weiterhin abwärts gerichtet bleibt.

Um das Chartbild nachhaltig aufzuhellen, müssten die Widerstände bei 686 Euro und 752 Euro überwunden werden. Zwischen diesen beiden Marken verläuft zudem die 50-Wochen-Linie. Das Tief der Vorwoche bei 507 Euro am genannten Retracement stellt aktuell die wichtigste Unterstützung dar.

ASML-Aktie im Wochenchart. Quelle: eToro

ASML im Branchenvergleich

ASML ist das viertwertvollste Unternehmen der Chipindustrie. Hinter Nvidia, Broadcom und TSMC, aber noch vor Samsung. Alle fünf Aktien haben in den vergangenen Monaten deutliche Kursverluste verzeichnet. Bei der fundamentalen Bewertung zeigen sich jedoch klare Unterschiede.

Nvidia hat ein Forward-KGV von 24,8 und weist mit einer EBIT-Marge (LTM) von 62,4 Prozent die mit Abstand höchste Profitabilität auf. Broadcom ist ähnlich bewertet mit einem Forward-KGV von 25,9 und liefert eine solide operative Marge von 35,1 Prozent.

TSMC überzeugt mit einer hohen EBIT-Marge von 45,7 Prozent, ist jedoch mit einem deutlich niedrigeren Forward-KGV von 14,7 vergleichsweise niedrig bewertet. ASML kommt auf ein Forward-KGV von 25,4 – ähnlich wie Nvidia und Broadcom – und zeigt mit 31,9 Prozent eine etwas geringere, dennoch solide Marge.

Samsung liegt mit einem Forward-KGV von 10,2 und einer EBIT-Marge von lediglich 10,9 Prozent sowohl bei der Bewertung als auch bei der Profitabilität am unteren Ende des Vergleichs.

Politische Klarheit als Voraussetzung für Aufschwung

Während die langfristige Bedeutung von ASML für die globale Chipindustrie unbestritten ist, machen die aktuellen Zahlen deutlich, dass die operativen Risiken zugenommen haben.

Für Anleger bleibt ASML dennoch ein technologisch starkes Unternehmen. Im Branchenvergleich positioniert sich ASML in Bezug auf Bewertung und Profitabilität im oberen Mittelfeld.

Damit sich aus dem kurzfristigen Erholungsversuch ein nachhaltiger mittelfristiger Aufwärtstrend entwickeln kann, müssen sich die makroökonomischen Rahmenbedingungen verbessern. Insbesondere sind Entspannungssignale im Zollkonflikt erforderlich. Ohne solche Impulse dürfte eine Trendwende schwierig bleiben.

 

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