Draghi und die Krise in Griechenland
Wieder einmal werden die griechischen Schulden die Schlagzeilen dieser Woche dominieren, doch dieses Mal könnte es in eine neue Richtung gehen. Im Zentrum dieser Neuentwicklung steht die geldpolitische Sitzung der EZB und die daran anschließende Pressekonferenz von Mario Draghi. Es gibt einige wichtige Themen, die Super Mario und der EZB-Rat in Angriff nehmen müssen, wenn das Vertrauen der Anleger wieder hergestellt werden soll. In aller Kürze stellt sich die Situation folgendermaßen dar: Vor etwas mehr als einer Woche schien das griechische Referendum über die Annahme der Bedingungen des Rettungsplans die letzten Brücken einzureißen. Aber in der vergangenen Woche gaben die Gläubiger der griechischen Regierung dann doch noch etwas zusätzliche Zeit, um eine neue Reformvorschläge auf den Tisch zu bringen. Die Gläubiger möchten diese Reformen allerdings bindend vereinbart und umgesetzt wissen, bevor sie weiteren finanziellen Unterstützungen zustimmen.
Und gerade die Finanzierung ist ein entscheidendes Problem, weil den griechischen Banken in rasendem Tempo das Geld ausgeht. Viele nervöse Griechen haben nämlich schon seit längerer Zeit versucht, ihre Bargeldbestände zu beheben, wodurch die schon kargen Geldreserven weiter dezimiert wurden. Der Reaktion der EZB auf dieses immer akuter werdende Problem kommt entscheidende Bedeutung zu. Im Rahmen des ELA-Programms (Notfall-Liquiditätshilfe) hat die EZB bereits einiges an Liquidität in den griechischen Bankensektor gepumpt. Die griechische Regierung beantragte vor kurzem bei der EZB eine Erhöhung der Obergrenze dieser Notkredite, um die griechischen Banken über Wasser zu halten. Der EZB-Rat muss insbesondere angesichts einer möglichen Zahlungsunfähigkeit Griechenlands das Ausmaß festlegen, in dem geholfen werden kann.
Und dies bringt uns schon zum nächsten Thema. Bei der EZB steht ein großer Teil der griechischen Staatsschulden zu Buche. Daher muss die EZB einen geeigneten Plan erstellen, was sie mit diesen Schulden machen soll, die ja im Falle eines Staatsbankrotts wertlos werden würde. Bereits am 20. Juli muss die griechische Regierung eine Kreditrate in Höhe von 3,5 Milliarden Euro an die EZB bezahlen. Derzeit sind die Kassen der griechischen Zentralbank allerdings leer. Daher stellt sich die Frage, woher das Geld für diese Zahlung kommen soll. Falls die EZB diese Zahlung nicht erhalten sollte, würde dies Mario Draghi und die EZB in eine schwierige Position bringen. In einem solchen Fall könnte der EZB-Rat die Entscheidung treffen, die griechischen Staatsschulden nicht mehr länger als akzeptable Sicherheit anzuerkennen.
Und zu sicherlich nicht guter Letzt werden wir erfahren, was Mario Draghi über die Auswirkungen eines möglichen Grexit auf die allgemeine Entwicklung der Eurozone und den Euro denkt. Super Mario stehen derzeit drei mögliche Optionen zur Auswahl. Zum Ersten könnte er seine Besorgnis über die Situation zum Ausdruck bringen und erklären, dass die EZB zur Bereitstellung zusätzlicher Nothilfe bereit ist. Dies würde sich positiv auf die europäischen Märkte (d. h. DAX, CAC, STOXX usw.) auswirken, aber den Euro unter Druck setzen. Zum Zweiten könnte Draghi Bedenken der EZB über die Situation äußern, ohne allerdings jegliche Unterstützung oder Sondermaßnahmen anzubieten. Dies wäre sowohl für die europäischen Börsen als auch den Euro verheerend. Die dritte Alternative könnte in der Feststellung bestehen, dass sich die EZB über die Situation keine Sorgen macht. Dies würde sich leicht positiv auf die europäischen Indizes auswirken und dem Euro Rückenwind verleihen.
Janet Yellen berichtet
Auch das nächste wichtige Ereignis dieser Woche findet am Donnerstag kurz nach der Entscheidung der EZB statt. Die Präsidentin der Fed, Janet Yellen, wird dem US-Kongress Bericht erstatten. Die Märkte tendieren dazu, den Bericht des Fed-Oberhaupts als „Mini“-Grundsatzentscheidung anzusehen, die bestimmte Einblicke vermittelt. Die Finanzmärkte versuchen nämlich noch immer den Zeitpunkt der nächsten Zinserhöhung durch die Fed abzuschätzen. Beim Bericht der Präsidentin werden sie sich in erster Linie auf ihre „Grundhaltung“ konzentrieren. Sollte sie sich optimistisch zeigen und eine Zinserhöhung in naher Zukunft andeuten, würde sich dies positiv auf den Dollar auswirken, jedoch die Aktien an der Wall Street unter Druck setzen. Wenn sie hingegen eine vorsichtigere Haltung einnimmt, wäre dies für die Wall Street beruhigend, würde aber dem Dollar zusetzen.
Im Klartext
Angesichts der sich anbahnenden negativen Konsequenzen der Krise in Griechenland und den weitreichenden Auswirkungen der diesbezüglichen Entscheidung der EZB steht die Pressekonferenz von Mario Draghi und der EZB klarerweise im Zentrum des Wochengeschehens. Wenn sich Draghi für die Bereitstellung von Notmaßnahmen und den Bezug einer geduldigeren Position gegenüber Griechenland und dessen Schulden an die EZB entscheidet, wird dies die Märkte beruhigen, die Indizes stärken und den Euro schwächen. Was Yellen betrifft, wird eine jegliche Andeutung einer bevorstehenden Zinserhöhung das Verhältnis zwischen EUR und USD unter Druck setzen. Dieses beängstigende Szenario für den Euro wird sich umso verheerender auf den EURUSD-Kurs auswirken, wenn die etwas früher am selben Tag erfolgende Ankündigung der EZB sehr gemäßigt ausfällt, weil sich dadurch die Diskrepanzen zwischen den beiden Zentralbanken weiter vergrößern würden.
Das konkrete Programm
US-Einzelhandelsumsätze (Dienstag)- Wenn die Umsätze des US-Einzelhandels im Monatsvergleich um mehr als 1,2% zulegen, wird dies sowohl für den Dollar als auch die Wall Street als positives Signal gewertet werden.
Geldpolitik der BoJ (Mittwoch)- Falls sich die BoJ von ihrer früheren aggressiven Aussage, dass es keinen Bedarf für eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik gibt, abwenden sollte, könnte dies dem Yen zusetzen.
Inflations-Hearings in Großbritannien (Mittwoch)- Die Erörterung im britischen Parlament über die Inflationsaussichten könnte das Pfund stärken, wenn die Inflationsprognose positiv ausfällt.
Geldpolitische Sitzung der EZB (Donnerstag)- Wenn sich die EZB für die Bereitstellung von Liquidität entscheidet, wird dies die Aktienanleger beruhigen, aber möglicherweise den Euro weiter schwächen.
Bericht von Fed-Chefin Yellen (Donnerstag)- Wenn Yellen andeutet, dass die Zinsen eher früher als später erhöht werden, ist von einer Wertzunahme des Dollars auszugehen.
US-Verbraucherpreise (Freitag)- Wenn sich der US-Kern-Verbraucherpreisindex (ohne Nahrungsmittel und Energie) der 2%-Marke nähert, kann davon ausgegangen werden, dass es sogar noch früher zu Zinserhöhungen in den USA kommen wird.
Chart der Woche – Erdöl
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