Der Derivatehandel über die Eurex ist das Herzstück der Deutschen Börse. Er liefert den größten Beitrag zu Umsatz und Gewinn, deutlich vor dem klassischen Aktienhandel. Damit ist der Konzern längst mehr europäischer Marktplatz- und Abwicklungsanbieter als eine „Börse“ im traditionellen Sinne.
Die Aktie befindet sich jedoch seit einigen Wochen im Bärenmarkt. Entscheidend werden nun die Quartalszahlen und der Ausblick sein. Ein insgesamt positives Ergebnis könnte nicht nur ein weiteres Abrutschen verhindern, sondern auch den Start einer Erholung einleiten. Die Quartalszahlen werden am Montag, den 27. Oktober, veröffentlicht.
Jetzt zählt der Q4-Ausblick
Die Deutsche Börse verdient am meisten, wenn die Marktteilnehmer aktiv sind. Im dritten Quartal zeigte sich ein gemischtes Bild. Während es an den Rohstoff- und US-Aktienmärkten kräftig zur Sache ging, verlief der Handel beim DAX und am Anleihemarkt eher ruhig.
Für das 3. Quartal wird ein Umsatzanstieg von 1,84 Prozent im Jahresvergleich auf 1,429 Milliarden Euro erwartet. Der Gewinn je Aktie dürfte um 2,8 Prozent auf 2,49 Euro zugelegt haben. Es geht jedoch vor allem um das 4. Quartal, traditionell eine umsatzstarke Phase.
Der Ausblick wirkt zunächst vielversprechend. Sowohl die Fed als auch die EZB stehen noch mit zwei Zinsentscheidungen an. Dazu kommen starke Trends rund um KI-Aktien, Krypto und der Hype um Edelmetalle. Alles Themen, die im Jahresendspurt noch einmal für spürbar mehr Handelsaktivität sorgen könnten.
Wachstumspotenzial
Die Deutsche Börse verdient an jeder Transaktion. Ganz gleich, ob die Kurse steigen oder fallen. Ihr Kerngeschäft liegt dabei im Derivatehandel über die Eurex, nicht im klassischen Aktienhandel.
Die Eurex, mit Sitz in Frankfurt und Zürich, ist die Terminbörse der Deutschen Börse – und zugleich ihr profitabelster Geschäftsbereich. Hier werden Futures und Optionen auf Aktien, Indizes, Zinsen, Energie und Volatilität gehandelt. Jede Transaktion bringt mehrere Einnahmequellen: Handelsgebühren, Clearinggebühren über Eurex Clearing sowie Margen- und Verwahrungsgebühren.
Langfristig dürfte die Deutsche Börse von wachsenden europäischen Kapitalmärkten und neuen digitalen Anlageformen profitieren. Dennoch bleibt der europäische Kapitalmarkt im internationalen Vergleich deutlich kleiner und weniger dynamisch als der US-Markt. Ein strukturelles Defizit, das zugleich Wachstumspotenzial bietet.
Krypto-Angebot wird erweitert
Die Deutsche Börse treibt den Ausbau ihrer digitalen Vermögensinfrastruktur weiter voran und erweitert ihr Krypto-Angebot. Nach Custody (Verwahrung) und ETPs (börsengehandelte Krypto-Produkte) folgt nun der nächste Schritt: Staking.
Über ihre Tochtergesellschaft Crypto Finance bietet die Deutsche Börse zukünftig Staking-Dienste für institutionelle Kunden in Europa an. Anleger können dabei ihre Ethereum- und Solana-Bestände direkt über die Plattform einsetzen, um Erträge zu erzielen. Das Besondere: Das Unternehmen ist MiCAR-lizenziert – also vollständig reguliert und beaufsichtigt nach den europäischen Krypto-Richtlinien.
Für viele Institutionen war Staking bislang mit zu hohen Risiken verbunden – unklare Regulierung, Sicherheitsfragen und fehlende Verwahrung unter Aufsicht. Mit dem Schritt der Deutschen Börse dürfte sich das ändern. Professionelle Investoren erhalten nun einen regulierten Zugang zu einem wachsenden Marktsegment.
Damit positioniert sich die Deutsche Börse klar als führender Infrastrukturanbieter im europäischen Kryptomarkt. Ein Schritt, der die langfristige Wachstumsstory des Konzerns stärkt.
Börsenbetreiber im Vergleich
Die größten Börsenbetreiber aus den USA und Europa bewegen sich bewertungstechnisch auf ähnlichem Niveau. Das durchschnittliche Forward-KGV liegt bei 21,7. Extreme Ausreißer gibt es nicht, aber Unterschiede durchaus. Euronext steht mit 16,8 am unteren Ende der Tabelle, während die Nasdaq mit 24,9 am höchsten bewertet ist. Die Deutsche Börse liegt mit 20,5 leicht unter dem Durchschnitt.
Quelle: TIKR
Im Jahr 2024 erzielten alle genannten Börsen Rekordumsätze – ein Zeichen für robuste Marktaktivität und steigende Handelsvolumina. Ein Blick auf die letzten fünf Jahre zeigt jedoch kleinere Dellen. CBOE und Nasdaq verzeichneten Rückgänge im Jahr 2023, die CME hatte eine Schwächephase 2020 und 2021, und auch bei der LSEG gab es 2020 ein Minus. Alle anderen Betreiber konnten ihre Umsätze kontinuierlich steigern.
Deutlich größere Unterschiede zeigen sich bei der Profitabilität. Die durchschnittliche EBIT-Marge der letzten zwölf Monate liegt bei 41,2 Prozent. CME ist mit 65,5 Prozent der margenstärkste Anbieter, während die LSEG mit 22,7 Prozent das Schlusslicht bildet. Die Deutsche Börse liegt mit 40,9 Prozent nahezu genau im Branchenschnitt. Hohe Margen gibt es auch bei Euronext (53,1 %) und ICE (49,4 %), während CBOE (29,0 %) und Nasdaq (27,8 %) noch deutlich Nachholbedarf haben.
Stabilisierung im Abwärtstrend
Die Aktie der Deutschen Börse befindet sich weiterhin im Bärenmarkt. Der Kurs liegt rund 24 Prozent unter dem Rekordhoch von 293,75 Euro aus dem Mai. Seit fünf Wochen befindet sich die Aktie offiziell im Bärenmarkt. Zwar konnte sie sich seit Wochenbeginn leicht um 1,2 Prozent auf 224,26 Euro erholen, doch das Kaufinteresse bleibt schwach.
In der Vorwoche markierte die Aktie ein neues Tief bei 217,27 Euro, bevor eine erste Reaktion der Käufer einsetzte. Die Unterstützungszone zwischen 214,67 und 218,07 Euro (Fair Value Gap) hat gehalten. Zudem deutet ein Fehlausbruch unter das September-Tief auf einen Bodenbildungsversuch hin.
Auf der Oberseite trifft die Aktie jedoch auf eine breite Widerstandszone zwischen 226,65 und 238,84 Euro, die in den vergangenen drei Wochen mehrfach getestet, aber nicht überwunden wurde. Käufer scheiterten bereits an der unteren Grenze.
Aktuell handelt es sich somit um eine technische Gegenbewegung. Erst ein Ausbruch über 239 Euro würde die charttechnische Lage deutlich aufhellen. Sollte hingegen die langfristige Unterstützung brechen, läge die nächste Haltelinie erst bei 203,29 bis 205,29 Euro, was ein weiteres Abwärtspotenzial von rund 8 Prozent bedeuten würde.
Aktie der Deutschen Börse, Wochenchart. Quelle: eToro
Analysten eher zurückhaltend
Zehn von fünfzehn Analysten empfehlen derzeit, die Aktie zu halten. Das durchschnittliche Kursziel liegt jedoch bei rund 259,87 Euro, was einem Potenzial von etwa 16,1 Prozent entspricht. Nur ein Analyst stuft die Aktie als „Underperformer“ ein. Insgesamt zeigt sich also ein eher verhalten optimistisches Bild.
Chance auf eine Erholung
Trotz Bärenmarkt bleibt die Deutsche Börse ein Fundament der europäischen Finanzinfrastruktur. Dank starker Margen und neuen digitalen Anlageformen stehen die Chancen auf eine Erholung gut – vorausgesetzt, der Ausblick für das vierte Quartal liefert neue Impulse und überzeugt die Anleger.
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