Porsche im Umbruch: Zwischen EV-Dämpfer, Zöllen und Hoffnung auf 2026

Porsche steckt derzeit in einem strategischen Korridor aus nachlassender E-Auto-Nachfrage, geopolitischem Druck, hohen Kosten und schnellen Marktveränderungen. Die Aktie steuert auf das dritte Verlustjahr in Folge zu und das Rekordhoch ist über 60 Prozent entfernt. Viele schlechte Nachrichten scheinen jedoch bereits eingepreist. Kurzfristig hellt sich die Stimmung wieder auf – in der vergangenen Woche legte die Aktie um 8 Prozent zu. Die jüngste Erholung könnte möglicherweise Teil einer übergeordneten Bodenbildung sein.

Elektro-Strategie wird zurückgefahren

Die EV-Strategie von Porsche ist ins Stocken geraten. Der Hersteller galt lange als eines der ambitioniertesten Premium-EV-Häuser, doch inzwischen zeigt sich ein anderes Bild. Die Nachfrage fällt schwächer aus als erwartet, die Kosten bleiben hoch, die Entwicklung verläuft langsamer. Gleichzeitig wächst der Druck durch starke Konkurrenz aus China.

Porsche reagiert, indem das Unternehmen wieder stärker auf Verbrenner- und Hybridmodelle setzt. Diese Fahrzeuge bieten aktuell höhere Margen, geringere Risiken und treffen auf eine stabilere Nachfrage als viele Elektroautos.

Globale Handelspolitik

Besonders schmerzhaft sind die 15-prozentigen US-Zölle. Da Porsche kein einziges Modell in den USA produziert und alles aus Europa importiert, trifft jeder Zoll jeden einzelnen Wagen. CFO Jochen Breckner beziffert die Zusatzbelastung für 2025 auf rund 700 Millionen Euro. Damit ist Porsche gegenüber Herstellern wie BMW, Mercedes, Toyota oder Tesla, die dort lokal oder zumindest teilweise produzieren, strukturell im Nachteil.

Gleichzeitig bereitet die China-Schwäche große Sorgen. Porsche selbst betont, dass die rückläufige Nachfrage entscheidend zur jüngsten Gewinnwarnung beigetragen hat. Im dritten Quartal ist der Umsatz um 21 Prozent eingebrochen. Lokale Hersteller erobern ihren eigenen Markt mit Elektroautos.

Währungsrisiko durch Produktionsstandort

Erschwerend kommt hinzu, dass Porsche sehr viel in Europa produziert. Das bedeutet höhere Produktionskosten als in Asien oder den USA sowie ein deutliches Währungsrisiko. In Europa belasten vor allem hohe Energie- und Lohnkosten. Wird der Euro stärker, belastet das die Gewinne in den für Porsche wichtigen Märkten USA und China zusätzlich.

Die Marke bleibt zwar stark, doch das operative Risiko nimmt spürbar zu. Porsche ist Premium – aber nicht immun gegen globale Trends, geopolitische Risiken und verschärften Wettbewerb.

Hoffnung auf 2026

2025 wird zum Übergangsjahr. Der Konzern selbst spricht von einem Tiefpunkt und rechnet ab 2026 mit einer Erholung. Die aktuelle Phase ist geprägt von Umbau, Kostensenkungen und einer deutlichen strategischen Neuausrichtung.

Ein starkes Signal dafür ist der Führungswechsel. Ab Januar übernimmt Michael Leiters, früher CEO von McLaren und mit langer Porsche-Vergangenheit. Seine Ernennung unterstreicht, dass Porsche jetzt konsequent daran arbeitet, die Weichen für eine Rückkehr auf den Wachstumspfad zu stellen.

Preissetzungsmacht lässt nach

Autos sind eine große Anschaffung, deshalb spielen Einkommen und Zinsen eine entscheidende Rolle. Doch in vielen Ländern steigen die Autopreise schneller als die Löhne. In Deutschland kostet ein Neuwagen heute im Schnitt 43 Wochenlöhne, während es 1995 noch 32 Wochen waren.

Besonders sensibel reagieren Konsumenten im Luxus- und Sportwagensegment. Marken wie Porsche spüren das zunehmend. Die Preissetzungsmacht lässt nach. Während Porsche seine Modelle in den vergangenen Jahren kontinuierlich teurer machen konnte, zeigt sich nun ein Knick.

Der Durchschnittspreis eines Porsche lag 2024 noch bei 117.000 Euro, 2025 sind es nur noch 110.000 Euro. Ein Hinweis darauf, dass sich Preiserhöhungen nicht mehr problemlos durchsetzen lassen.

Autoaktien im Vergleich

Nur drei Autobauer aus zehn ausgewählten Marken (siehe Chart) haben 2025 überhaupt neue Rekordhochs erreicht: GM, BYD und Ferrari. Doch wirklich davon profitieren konnte am Ende nur einer. GM liegt als einziger noch klar im Plus. BYD ist inzwischen 39 Prozent unter das Hoch gefallen, bleibt aber seit Jahresbeginn noch im grünen Bereich. Ferrari dagegen hat die Gewinne wieder abgegeben und notiert deutlich im Minus. Damit steht die Aktie noch schwächer da als Porsche.

An der Spitze der Performance stehen die US-Hersteller. GM und Ford dominieren das Feld. Sie sind die eindeutigen Gewinner. Bei den deutschen Herstellern BMW, Mercedes-Benz und VW haben Anleger die Rücksetzer genutzt und wieder zugegriffen. Die Elektro-Pioniere Tesla und BYD liegen dagegen Kopf an Kopf – zweistellige Zuwächse, aber keine Outperformance mehr.

Insgesamt wird deutlich: Der Markt setzt wieder stärker auf klassische Autowerte, während Luxussportwagenhersteller weiter unter Druck stehen. Ferrari und Porsche bilden das Schlusslicht im Performance-Vergleich.

Kursentwicklung ausgewählter Autohersteller. Quelle: TIKR, ChatGPT

Gefangen in der Seitwärtsphase

Bei der Porsche-Aktie zeigte sich im zweiten Quartal eine bullische RSI-Divergenz. Der Kurs fiel weiter, doch der RSI stieg an. Das signalisierte nachlassenden Verkaufsdruck, eine mögliche Rückkehr der Käufer und eine zunehmend wahrscheinliche Trendwende oder zumindest einen Rebound. Garantiert ist das jedoch nicht.

Danach ist die Aktie in eine Seitwärtsphase übergegangen. Seit einem Dreivierteljahr bewegt sich Porsche kaum vom Fleck. Der Markt scheint den Abwärtstrend „zu verdauen“ und könnte sich in einer Akkumulationsphase befinden. Bestätigt wäre das aber erst durch einen klaren Ausbruch. Mehrere Schlüsselmarken definieren das charttechnische Bild:

  • Widerstandszone zwischen 47,16 und 51,18 Euro – seit April mehrfach getestet, aber nie überwunden. Der aktuelle Kurs notiert bei 46,73 Euro.
  • Unterstützung: Die 20-Wochen-Linie bei 45,13 Euro könnte kurzfristig Halt bieten.
  • Kritische Marke: 40 Euro – die Untergrenze der gesamten Seitwärtsrange. Ein Bruch dieser Zone wäre charttechnisch verheerend und könnte die Aktie in einen freien Fall schicken.

Was es für ein echtes bullisches Signal braucht, ist eindeutig: ein Ausbruch über die Widerstandszone. Damit wäre die Seitwärtsphase beendet und ein neuer Aufwärtstrend könnte entstehen. Idealerweise würde dieser Ausbruch von steigendem Volumen oder markanten bullischen Kerzen begleitet.

Porsche im Wochenchart. Quelle: eToro

Erhöhtes Risiko

Porsche befindet sich in einer schwierigen Transformationsphase: EV-Rückzieher, Zölle, China-Probleme und Umbauprogramme drücken auf die Ergebnisse. Langfristig ist die Marke attraktiv, kurzfristig bleibt die Aktie jedoch ein Turnaround-Play mit erhöhtem Risiko.

 

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