Rheinmetall vor den Zahlen: Hohe Erwartungen, sensibles Kursniveau

Rheinmetall ist im Vergleich zu anderen Rüstungswerten deutlich höher bewertet. Das erhöht den Druck, mit den kommenden Zahlen zu überzeugen. Zudem könnte der Zoll-Deal zwischen den USA und der EU europäische Rüstungskonzerne benachteiligen. Denn milliardenschwere EU-Budgets dürften zukünftig verstärkt in US-Produkte fließen.

Trotz dieser Risiken bleibt der Rüstungsboom intakt. Die strukturell steigende Nachfrage spricht weiterhin für die Branche. Anleger sollten am Donnerstag besonders auf den strategischen Kurs, die Entwicklung der Auftragseingänge sowie mögliche Anpassungen im Ausblick achten.

Hohe Bewertung

Rheinmetall weist ein Forward-KGV von 53,5 auf. Das ist mehr als doppelt so hoch wie der Branchendurchschnitt von 26,0, basierend auf den zehn weltweit wertvollsten Rüstungsunternehmen. Die Bewertung liegt sogar dreieinhalb Mal über der von Lockheed Martin, dem Schlusslicht innerhalb dieses Vergleichsfelds.

Das Forward-KGV ist ein Indikator, der lediglich die erwarteten Gewinne der nächsten zwölf Monate berücksichtigt. Langfristige Potenziale im Rüstungsbereich bleiben dabei unberücksichtigt. Die aktuell hohe Bewertung erfordert jedoch starke operative Ergebnisse und einen überzeugenden Ausblick, idealerweise mit Prognoseanhebungen.

Darauf sollten Anleger achten

Anders als bei der Dotcom-Blase oder bei Meme-Aktien basiert der Rüstungsboom auf realer, struktureller Nachfrage. Rheinmetall verbuchte im ersten Quartal Rekordumsätze mit Waffen und Munition. Im Mittelpunkt steht für alle Rüstungskonzerne derzeit die Entwicklung neuer Aufträge.

Rüstungsunternehmen müssen zeigen, wie viele neue Aufträge sie erhalten und wie effizient diese abgearbeitet werden können. Die Produktionskapazitäten sind begrenzt. Umsätze lassen sich nicht beliebig skalieren. Der Ausbau von Kapazitäten bleibt daher ein entscheidender Wachstumstreiber.

Neue Fertigungsstandorte bringen Skaleneffekte, verbessern die Effizienz und senken die Stückkosten. Gleichzeitig besteht das Risiko von Überkapazitäten, sollte die Nachfrage zurückgehen, mit potenziell sinkenden Margen als Folge.

Anleger sollten genau darauf achten, wie gut Unternehmen ihre strategische Aufstellung anpassen, um sich zukünftige Großaufträge zu sichern. Investitionen in Zukunftstechnologien wie Cyberabwehr, Drohnentechnologie und KI-basierte Systeme bieten zusätzliches Potenzial. Sie schaffen Chancen für Forschung, Entwicklung und lukrative Folgeaufträge.

Wichtig ist zudem die Qualität des Ausblicks. Aussagen zum Tempo der Auftragsverarbeitung und Fortschritt beim Kapazitätsausbau sind wichtige Indikatoren für die Margenentwicklung in den kommenden Jahren.

Ganz nah an der Schlüsselunterstützung

Die Rheinmetall-Aktie befindet sich derzeit im Korrekturbereich. Seit dem Rekordhoch im Juni bei 1.940 Euro hat sie rund 12 Prozent verloren. Doch es wurden schon länger keine tieferen Tiefs erreicht. Insgesamt handelt es sich eher um eine Konsolidierung auf hohem Niveau.

In der vergangenen Woche gab die Aktie um 1,1 Prozent nach und nähert sich nun einer wichtigen Unterstützungszone im Bereich von 1.653 bis 1.665 Euro (Fair Value Gap), die durch die starke Kursrally im Mai entstanden ist. Diese Zone wurde seitdem mehrfach getestet, jedoch stets erfolgreich von den Käufern verteidigt. Bislang zeigte sich dort eine stabile Nachfrage.

Ein erneuter Test dieser Zone hatte sich angedeutet, da sich zuletzt tiefere Hochs unterhalb des Rekordhochs gebildet haben. Ein Bruch der Unterstützung wäre charttechnisch kritisch. Sollte die Zone nicht halten, könnte die Aktie deutlich unter Druck geraten und möglicherweise in einen formellen Bärenmarkt übergehen. Hält die Unterstützungszone erneut, wäre eine kurzfristige technische Erholung möglich.

Rheinmetall im Tageschart. Quelle: eToro

Breite Aufstellung

Rheinmetall ist nicht von einem einzelnen Etat oder Auftraggeber abhängig, das erhöht die Resilienz. Die neuen EU-Zugeständnisse an die USA könnten jedoch die bisherige Wachstumsdynamik bremsen. Eine Unternehmensreaktion auf den Zoll-Deal wird im Rahmen der anstehenden Quartalszahlen erwartet.

Im Zuge einer strategischen Neuausrichtung übernimmt Rheinmetall gemeinsam mit Leonardo das Verteidigungsgeschäft von Iveco. Gleichzeitig plant das Unternehmen den Ausstieg aus dem margenschwachen Autoteilegeschäft, um sich stärker auf die renditestarke Rüstungssparte zu konzentrieren.

Die Nachfrage im Rüstungssektor ist zwar zyklisch, wird jedoch maßgeblich durch staatliche Budgets und geopolitische Entwicklungen bestimmt. Das verleiht der Aktie trotz Konjunkturabhängigkeit einen defensiven Charakter.

 

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