Anleger der Hannover Rück reagierten zum Wochenbeginn erleichtert auf die neuen Quartalszahlen. Die Aktie legte am Montag um 3,55 Prozent auf 256,61 Euro zu – ein beachtlicher Sprung für den sonst eher ruhigen DAX-Wert. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine spekulative KI-Kursrakete, sondern um einen klassischen Qualitätswert mit defensivem Charakter.
Am Dienstagmorgen setzte sich die Erholung fort, wenn auch in etwas gemächlicherem Tempo. Dabei verlief das 3. Quartal eigentlich gar nicht so stark. Doch die robusten Neunmonatszahlen und die Anhebung der Jahresprognose sorgten für ein deutlich positiveres Gesamtbild. Diese Mischung aus soliden Fundamentaldaten und neuem Optimismus beflügelte die Stimmung an der Börse.
Management sendet Vertrauenssignal
Der Nettogewinn von Hannover Rück ging im 3. Quartal um 1,9 Prozent auf 651 Millionen Euro zurück. Das operative Ergebnis sank um 6,7 Prozent auf 738 Millionen Euro, der Rückversicherungsumsatz lag mit 6,37 Milliarden Euro um 6,1 Prozent unter dem Vorjahreswert. Insgesamt also ein verhaltenes Quartal, jedoch keine strukturelle Schwäche – eher eine Atempause.
Denn die Neunmonatszahlen zeichnen ein deutlich robusteres Bild. Der Nettogewinn legte um 8 Prozent auf 2 Milliarden Euro zu, gestützt durch geringe Großschäden und eine solide operative Steuerung. Der Bruttoumsatz blieb mit 19,71 Milliarden Euro nahezu unverändert zum Vorjahr (19,70 Mrd. Euro). Die Großschäden summierten sich auf 1,2 Milliarden Euro. Rund 10 Prozent weniger als im Vorjahr und damit deutlich unter dem Budget von 1,6 Milliarden Euro.
Vor allem das zweite und dritte Quartal verliefen laut Management „bemerkenswert schadenarm“. Eine Ausnahme bildeten die Waldbrände in Kalifornien, die mit 615 Millionen Euro zu Buche schlugen. Dennoch im Budgetrahmen. Hurrikan Melissa, der im Oktober auf Jamaika traf, wird zwar im 4. Quartal zu einem Großschaden im dreistelligen Millionenbereich führen, dürfte das Ergebnis aber nicht übermäßig belasten.
Die Jahresprognose wurde angehoben, ein deutliches Vertrauenssignal an den Markt. Für das Gesamtjahr 2025 erwartet Hannover Rück nun einen Nettogewinn von rund 2,6 Milliarden Euro (zuvor 2,4 Mrd. Euro). Für 2026 rechnet das Management mit mindestens 2,7 Milliarden Euro.
Ein besonderes Highlight: Die Eigenkapitalrendite liegt bei 22 Prozent, deutlich über dem strategischen Ziel. Das unterstreicht, wie effizient Hannover Rück ihr Kapital einsetzt. Ein hoher ROE gilt als Qualitätsmerkmal in der Versicherungsbranche, da er zeigt, wie erfolgreich ein Unternehmen seine Gewinne im Verhältnis zum Eigenkapital erwirtschaftet.
Langweilig, aber verlässlich
Rückversicherer gehören nicht zu den aufregenden Wachstumsbranchen. Sie erfinden das Rad nicht neu, und von Tech-Hype oder Kursraketen ist man hier weit entfernt. Doch gerade das macht ihren Reiz aus. Statt schneller Gewinne bieten sie etwas, das an den Börsen selten geworden ist: Verlässlichkeit und Stabilität.
Ihre Geschäftsbasis ist solide. Die Gewinne steigen meist moderat, aber stetig, der Cashflow ist planbar, und die Schwankungen halten sich in Grenzen. Diese Beständigkeit mag auf den ersten Blick langweilig wirken, ist aber Ausdruck von Qualität und Krisenfestigkeit. Ein Merkmal, das viele Anleger heute wieder zu schätzen wissen.
Rückversicherer sind klassische Value- und Dividendenwerte. Sie locken nicht mit Visionen, sondern mit verlässlichen Ausschüttungen und robusten Geschäftsmodellen. Gerade in unsicheren Marktphasen wirken sie wie ein Stabilisator im Depot – berechenbar, solide, langfristig. Durch ihre globale Risikostreuung verdienen sie selbst in turbulenten Zeiten Geld. Und nach Katastrophen zeigt sich ihre Preissetzungsmacht – Prämien steigen, Margen verbessern sich.
Der Markt ist zudem stark konzentriert. Nur wenige große Player, etwa Munich Re, Swiss Re oder Hannover Rück, dominieren das Geschäft. Hohe Eintrittsbarrieren und strenge Regulierung sichern ihnen ihre führende Position. Das sorgt für Stabilität und schützt vor Preiskampf.
Bewertung im Durchschnitt
Das durchschnittliche Forward-KGV der sechs größten Rückversicherer weltweit liegt bei 11,7 – ein moderates Bewertungsniveau für die Branche. Die Hannover Rück bewegt sich mit 11,4 nahezu im Branchenschnitt und spiegelt damit solide, aber nicht überzogene Markterwartungen wider.
Der Durchschnitt wird allerdings durch Berkshire Hathaway deutlich verzerrt. Mit einem Forward-KGV von 22,8 fällt der US-Konzern klar aus dem Rahmen. Kein Wunder – Berkshire ist kein reiner Rückversicherer, sondern ein breit aufgestelltes Konglomerat mit einem starken Standbein im Versicherungsgeschäft. Die Reinsurance Group ist dabei ein zentraler und hochprofitabler Bestandteil, doch das hohe Bewertungsniveau reflektiert die gesamte Unternehmensstruktur und Diversifikation, nicht allein das Rückversicherungsgeschäft.
Etwas über dem Branchenschnitt liegt die Swiss Re mit einem KGV von 12,8, während die Münchener Rück mit 10,8 leicht unterbewertet erscheint. Ein Hinweis auf konservativere Gewinnerwartungen bei gleichzeitig hoher Stabilität.
Am unteren Ende der Skala finden sich Reinsurance Group of America (7,5) und Scor (5,9). Solch niedrige Bewertungen können zwar interessante Einstiegschancen bieten, deuten aber häufig auf strukturelle Herausforderungen oder geringere Profitabilität hin.

Forward-KGV: Rückversicherer im Vergleich. Quelle: TIKR
Marge im soliden Mittelfeld
Auch bei der durchschnittlichen EBIT-Marge der vergangenen zwölf Monate zeigt sich ein ähnliches Bild. Der Branchendurchschnitt liegt bei 13,3 Prozent, wird aber deutlich durch Berkshire Hathaway nach oben gezogen – deren außergewöhnlich hohe Marge von 24,4 Prozent verzerrt das Ergebnis. Ohne Berkshire würde die Durchschnittsmarge der Branche lediglich bei rund 11,1 Prozent liegen.
Am unteren Ende der Tabelle finden sich erneut Scor (8,0 %) und die Reinsurance Group of America (7,2 %). Beide haben vergleichsweise eine schwache Ertragskraft. Die Münchener Rück bewegt sich mit 12,5 Prozent wieder im soliden Mittelfeld und spiegelt damit die typische Profitabilität der Branche wider.
Hannover Rück sticht hier deutlich hervor. Mit einer EBIT-Marge von 16,6 Prozent liegt sie klar über dem Branchendurchschnitt und zeigt, dass das Unternehmen operativ effizienter und profitabler arbeitet als die meisten Wettbewerber. Mit Ausnahme von Berkshire Hathaway, die mit ihrer Konglomeratstruktur in einer eigenen Liga spielt.
Unterstützung hat gehalten
Die Aktie der Hannover Rück legte am Montag um 3,55 Prozent zu. Eine Bewegung, die man sonst eher von Tech-Werten kennt, bei defensiven Titeln aber selten sieht. Am Dienstag setzte sich die Erholung fort, und das Wochenplus wurde auf 4,4 Prozent ausgeweitet.
Bereits in der Vorwoche hatte sich ein technisches Sprungbrett abgezeichnet. Die obere Grenze einer mittelfristigen Unterstützungszone zwischen 216 und 243 Euro (Fair Value Gap) wurde erfolgreich verteidigt. Die nun veröffentlichten Quartalszahlen und der optimistischere Ausblick lieferten den passenden Katalysator, um den Kurs von dieser Zone nach oben abprallen zu lassen.
Interessant ist, dass sich am oberen Rand dieser breiten Unterstützungszone schon seit über einem Jahr immer wieder Käufer zeigen. Zuletzt auch in den vergangenen Monaten. Vom Allzeithoch bei 292 Euro (im Mai) hatte die Aktie zeitweise rund 18 Prozent verloren, diesen Rückstand aber durch die jüngste Erholung auf etwa 11 Prozent verringert.
Der langfristige Aufwärtstrend bleibt damit intakt. Die jüngste Bewegung könnte sogar der Auftakt zu einem größeren Aufwärtsimpuls sein. Der nächste technische Widerstand liegt bei 262 Euro. Ein Ausbruch darüber könnte neuen Optimismus freisetzen und das Chartbild weiter aufhellen.

Hannover Rück im Wochenchart. Quelle: eToro
Ausbruch als nächste Bestätigung
Hannover Rück bleibt ein Qualitätswert im DAX: solide Ergebnisse, starkes Risikomanagement und hohe Kapitalrendite. Die Prognoseanhebung unterstreicht das Vertrauen des Managements. Technisch bleibt der Aufwärtstrend intakt, ein Ausbruch über 262 Euro könnte den nächsten Impuls auslösen.
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